Kaffee ist für viele ein tägliches Ritual. Doch was nur als kleine Tasse auf dem Frühstückstisch oder als Flat White in der Lieblingsbar landet, hat eine komplexe Geschichte – und einen Preis, der in den letzten Jahren stark ins Wanken geraten ist.
Die weltweiten Rohkaffeemärkte haben seit 2021 eine Achterbahnfahrt erlebt. Ursachen gibt es viele: Klimaextreme, Containerknappheit, politische Einflüsse, Spekulation an der Börse – und eine stetig steigende Nachfrage. Für Produzent:innen, Röster:innen und letztlich auch für Konsument:innen hat das spürbare Folgen.
Zur Einordnung: Als Spezialitätenrösterei kaufen wir nicht über die Börse, sondern über unsere Spezialitätenkaffeehändler bei den Produzenten direkt. Dennoch bildet der Börsenpreis bei den meisten Kaffees die Basis auf die dann Aufschläge, sogenannte Differenziale, hinzugerechnet werden. Diese betreffen: Qualität, Herkunft, Sorte, Aufbereitung, Zertifizierung oder kleine, außergewöhnliche Lots. Also sprich tatsächliche Produktionskosten der Produzenten.
Vom ruinösen Tief zum Rekordhoch
Um die Dimensionen einzuordnen: Noch vor einigen Jahren lag der Börsenpreis für ein amerikanisches Pfund Rohkaffee (knapp 454 Gramm) bei rund 1 US-Dollar – ein Preis, der für Produzent:innen katastrophal niedrig war und Existenzen bedrohte.
Anfang 2025 dann der Gegenschlag: Der Kurs kletterte auf über 4 US-Dollar pro Pfund.
4 Dollar Börsenpreis bedeutet also nicht selten 8 $/kg oder mehr für die Basisqualität – eine enorme Steigerung im Vergleich zu früher.
In Deutschland kommen auf das kg Kaffee noch 2.19€ Kaffeesteuer das kg dazu, sowie 7% MwSt.
Die neue Realität: Hochpreis bleibt
Viele hatten gehofft, dass die Preise nach diesem Peak im Januar/Februar wieder auf alte Niveaus zurückfallen würden. Doch das ist nicht passiert.
Heute gilt: Die 1,80 bis 2 Dollar von damals sind Vergangenheit. Der Markt hat sich auf einem höheren Plateau eingependelt. Auch Supermarkt-Röstereien, die dank großer Lagerbestände den Effekt lange verzögern konnten, müssen inzwischen ihre Preise anpassen.
Warum Kaffee teurer wird – die vier Haupttreiber
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Klima
entscheidend ist: Kaffee ist wetterabhängig. So wurde Brasilien, der größte Kaffeeproduzent der Welt, in den letzten Jahren von Frostperioden und Trockenphasen getroffen. Pflanzen gingen verloren, ganze Ernten schrumpften. Kaffeebäume, gestresst durch die Wetterextreme, haben deutlich kleinere Kaffeebohnen ausgebracht, was eine Schrumpfung der Gesamtmenge zur Folge hatte. So wurde im September gezittert, ob der nötige Regen einsetzt, um zu einer üppigen Blüte zu führen, die einen Ausblick auf den Ernteertrag gibt. Dieses Zittern hat sich im Börsenkurs direkt niedergeschlagen. -
Nachfrage
Länder wie China und Indien entdecken Kaffee für sich. Trinkt hier nur ein kleiner Teil der Bevölkerung regelmäßig Kaffee, hat das aufgrund der schieren Größe dieser Märkte einen enormen Effekt auf die globale Nachfrage. Teilweise kaufen Länder ganze Ernten für den Eigenverbrauch auf – was wiederum die Verfügbarkeit für Importeure wie uns einschränkt. So haben wir in diesem Jahr einen Indischen Kaffee, den wir über Jahre im Sortiment geführt haben nicht mehr bekommen, da der Produzent innerhalb Indiens seinen Kaffee verkaufen konnte – und dies zu deutlich besserem Preis. -
Politik
Politische Entscheidungen können die Preise über Nacht beeinflussen. Derzeit beobachten wir die Handelszölle, wie zuletzt von den USA auf brasilianische Produkte (50%) erhoben wurden. Bereits im September ist der Export von brasilianischem Kaffee in die USA dramatisch gesunken. Gleichzeitig sind die Preise für gerösteten Kaffee in den USA z.T. um 20% gestiegen. Hier kann man über einen Nachfragerückgang nur spekulieren. Röster versuchen ihren Kaffee über andere Märkte einzukaufen (z.B. Mexiko), jedoch ist es schwer Brasilien in Menge und Geschmack zu ersetzen. -
Spekulation
Wie jeder Rohstoff, der an der Börse gehandelt wird, unterliegt auch der Rohkaffee den Spekulationen der Trader. Steigt der Preis springen viele auf in der Hoffnung eine gute Marge zu machen um dann wieder auszusteigen, was drastische Schwankungen zur Folge hat.
Unser Fazit: Teurer, aber auch wertvoller
Die Kaffeepreise der Vergangenheit werden nicht zurückkehren. Und das ist im Kern auch richtig so: Dumpingpreise waren für Produzent:innen ruinös. Gleichzeitig bringt die aktuelle Entwicklung neue Herausforderungen mit sich – für uns als Röster:innen und für alle, die Kaffee lieben. Vorausschauende Planung, genaue Kalkulationen, langfristige Kontrakte, und der tägliche Blick auf die Börse gehören zu unserer täglichen Arbeit.
Wichtig für uns sind verlässliche Partnerschaften im Rohkaffeehandel. Durch unsere langjährigen Beziehungen zu Importeuren und Produzent:innen können wir auch in turbulenten Zeiten unsere Qualität sichern – und Kaffees anbieten, die geschmacklich überzeugen.
Keine Option sind Einbußen in der Qualität und Vielfalt! Denn Kaffee soll eines bleiben: sensorisch aufregend! Und das hat seinen Preis.