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Espresso-Rezeptentwicklung – Zwischen Tradition, Theorie und persönlichem Geschmack

Espresso-Rezeptentwicklung – Zwischen Tradition, Theorie und persönlichem Geschmack

Espresso ist eine Wissenschaft – aber auch eine Frage des Geschmacks. In den letzten Jahren hat sich in der Welt der Spezialitätenkaffees viel getan. Neue Trends, geänderte Erwartungen und ein wachsendes Verständnis von Kaffee als komplexes Naturprodukt führen dazu, dass klassische Rezepte heute nicht mehr für jeden Kaffee funktionieren.

In diesem Artikel nehmen wir euch mit auf eine Reise durch unsere Espresso-Rezeptentwicklung. Wir teilen, was wir über die Jahre gelernt haben, mit welchen Herausforderungen wir aktuell arbeiten und warum es oft sinnvoll ist, mit Regeln zu brechen.

Espresso-Rezepte damals und heute

Als wir vor über zehn Jahren mit der Espressozubereitung angefangen haben, war das Standardrezept klar: 16g In, 50 ml Out, in 25 Sekunden. So haben wir das damals bei der Berlin School of Coffee gelernt. Dass die Espresso Tasse bei einfachen Espressi ausreichend gefüllt sein musste, war einer der Beweggründe auf den relativ hohen Output zu gehen.

In den letzten Jahren waren gängige Brew Ratios 1:2 bis 1:2,5, bei immer längerer Extraktionszeit, mit dem Ziel mehr Süße und Tiefe zu extrahieren. Besonders helle Röstungen profitierten davon – dachten wir. Doch mit zunehmender Erfahrung und mehr Experimenten kamen Zweifel: Warum schmeckt ein Espresso bei 22 Sekunden manchmal klarer und ausgewogener als bei 32 Sekunden? Und darf man überhaupt Kaffees unter 25 Sekunden extrahieren?

Röstgrad, Zellstruktur und Fermentation

Ein zentrales Learning: Röstgrad beeinflusst die Extraktion massiv.

  • Dunkle Röstungen sind poröser, lassen sich leichter extrahieren, bilden weniger Fines (kleinste Kaffeepartikel), lösen sich schneller – hier braucht man oft gar keine langen Zeiten.
  • Helle Röstungen sind dichter, schwerer zu brechen, produzieren mehr Fines beim Mahlen, was wiederum zu Überextraktion führen kann.

Daraus folgt: Je heller der Kaffee, desto schwieriger die Extraktion. Man muss sorgfältiger mit Mahlgrad und Rezept umgehen – sonst landet man schnell im bitter-sauren Niemandsland.

Der „High Fermented“-Effekt

Ein weiteres zentrales Thema ist die steigende Zahl an fermentierten Kaffees. Gerade Kaffees, die speziell aufbereitet wurden wie z.B.: Thermal Fermantation, Anaerobic Fermentation oder Carbonic Maceration verändern das Spiel komplett:

  • Sie sind bereits zellulär stark aufgeschlossen.
  • Sie brauchen weniger Zeit, um ihre Aromen abzugeben.
  • Lange Extraktionen führen hier oft zu Überextraktion.
  • Der Geschmack wird dann übermäßig laut, „sirupartig“ und eindimensional.

Unser Ansatz: Kürzere Rezepte mit mehr Output. Dadurch bleibt der Espresso klarer, fruchtiger – und vor allem besser trinkbar.

Espresso muss nicht „laut“ sein

Bei der Entwicklung von „Signature Espressi“ besteht die Gefahr, Besonderheit mit Lautstärke zu verwechseln. Kaffees werden dann extrem dicht gezogen und man erhält eine unangenehme Überextration. Das erzielt zwar ein WOW beim ersten Schluck, aber häufig mag man die Tasse dann nicht austrinken.

Unsere Philosophie bei ERNST: Klarheit vor Lautstärke, feine Aromen statt überwältigende Geschmacksexplosionen, Zugänglichkeit statt Provokation.

Kaffee-Typ

Typisches Rezept

Ziel

Dunkle Röstung

16–18 g In / 32–40 ml Out / 20–25 s

Cremig, wenig Säure

Helle Washed

18–20 g In / 40–45 ml Out / 28–32 s

Klar, floral, fruchtig

High Fermented

17–18 g In / 45–50 ml Out / 18–23 s

Saftig, balanciert, ohne Überextraktion

Wie gehe ich ein neues Rezept an?

Wenn du einen neuen Kaffee hast und das passende Espresso-Rezept finden willst:

  1. Startpunkt setzen: z. B. 18 g In / 40 ml Out / 30 s
  2. Geschmack prüfen: zu sauer? zu bitter? zu flach?
  3. Zwei Extreme probieren: einmal dichter (z. B. 1:1,5 / 35 s), einmal leichter (z. B. 1:2,5 / 20 s)
  4. Sweet Spot finden: Wo balancieren sich Frucht, Süße, Körper, Klarheit?

Wichtig: Nicht jeder Kaffee wird in jedem Setup gleich schmecken. Spielen, vergleichen, probieren!

Espresso-Rezeptentwicklung ist keine einmalige Entscheidung, sondern ein fortlaufendes Experiment. Man braucht Neugier, ein bisschen Theorie – und viel Lust aufs Probieren.
Seid mutig, seid offen. Lasst euch nicht von Zahlen verunsichern. Der beste Espresso ist der, den ihr gerne trinkt.

Neugierig geworden?
Lust auf mehr? Dann probiere doch mal unsere aktuellen Espressi und finde dein persönliches Lieblingsrezept: Hier gehts zu unserer Auswahl an Espresso